Emanzipationsgeschichte einer „unbelehrbaren“ Frau atmosphärisch dicht erzählt Regisseurin Anke Hentschel war zu Gast im Mayener Corso Kino Auf Einladung des Corso Kinos in Mayen und des Alpha- und Grundbildungsnetzes Rheinland-Pfalz kam die Berliner Regisseurin des Spielfilms „unbelehrbar“, Anke Hentschel, am 10. November in die Eifelstadt. Die 1972 in Ulm geborene Künstlerin studierte Bühnenbild an der UdK in Berlin sowie Filmregie an der HFF „Konrad Wolf“ und der Tel Aviv University. In Mayen stand die Künstlerin nun für Fragen des Publikums zur Verfügung und gewährte Einblicke in ihre filmische Arbeit.
Hentschels erster abendfüllender Spielfilm erzählt die Geschichte der Familienmutter Ellen und ist in erster Linie als Emanzipationsgeschichte einer Frau zu verstehen, die zu Beginn ihrer im Film gezeigten Entwicklung durch ihre Probleme im Lesen und Schreiben in ihrem Selbstbewusstsein tief erschüttert ist. Als Ellen an einer Fortbildung für Küchenpersonal teilnehmen soll, beschließt sie, einen Lese- und Schreibkurs zu besuchen. Da es in ihrer Heimatstadt kein Angebot gibt, muss die Frau nach Berlin reisen. In der Metropole angekommen, eröffnen sich ihr neue, verstörende Welten: So bahnt sich etwa eine Romanze mit Karim an, der in einem Imbiss arbeitet. Ein Sozialarbeiter, der unter Weltekel leidet, sucht sich ausgerechnet sie aus, um sich dafür zu rächen. Ihre Kinder verstehen die Welt nicht mehr. Der Ehemann schließlich wünscht sich einfach nur seine „Ellen zurück“, die er kennt und liebt. Doch diesen Gefallen tut die Protagonistin ihm nicht: am Ende sieht es so aus, als ob sie alles verliert: ihre Familie, ihren Liebhaber und ihren Job. Nur den Kampf mit den Buchstaben, den scheint sie endlich zu gewinnen.
Anke Hentschel ist mit dem Film „unbelehrbar“ eine glaubwürdige Darstellung der Lebenssituation einer Frau gelungen, die Lesen und Schreiben lernen will. Vieles von dem, was Ellen erlebt, entspricht den Schilderungen Betroffener: etwa die Ängste vor dem Entdeckt-Werden oder die Verunsicherung ihrer Familie. Das Thema habe sie unmittelbar berührt, als sie in einer Zeitung über das Thema Analphabetismus in Deutschland gestolpert sei, so die Regisseurin im Mayener Publikumsgespräch. Durch intensive Recherchearbeit bestätigte sich die Vermutung, dass es sich um ein wichtiges Thema handele, welches filmisch verarbeitet werden sollte. „Denn;“ so die Regisseurin weiter, „abgesehen von der künstlerischen Inszenierbarkeit eines Stoffes geht es mir in allen meinen Filmen um eine Botschaft.“ Die Vermittlung dieser Botschaft ist nach Ansicht der Besucherinnen und Besucher der Matinée im Corso Kino gut gelungen. Zu verdanken ist dies insbesondere auch dem Betreiber des Kinos, Thomas Schneckenburger, der durch sein Engagement die Veranstaltung erst ermöglichte.
Mit Veranstaltungen dieser Art möchte das Alpha- und Grundbildungsnetz Rheinland-Pfalz, gefördert durch den Europäischen Sozialfonds (ESF), das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Demographie sowie dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, das Thema funktionaler Analphabetismus vom gesellschaftlichen Rand in die Mitte rücken, um Menschen, die Kurse besuchen möchten, entsprechende Angebote unterbreiten zu können: Für 350. 000 Betroffene in Rheinland-Pfalz nämlich ist der Schritt in einen Kurs mit ähnlichen Problemen verbunden wie für Ellen.
Information:Fragen zum Thema oder zum regionalen Kursangebot im Bereich Lesen und Schreiben richten sie gerne an Herrn Heiko Hastrich, VHS Andernach, 02632/ 922-276 oder an alphakurs@andernach.de.
_____________________________________________________________________